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Was versteht man unter Psychologie? Wie legen die humanwissenschaftlichen Fakultäten an deutschen Universitäten den Begriff aus?

Uni und Psychologie - Studium einer besonderen Disziplin

Psychologie beschäftigt sich mit dem Erklären und Prognostizieren menschliches Verhaltens und Erlebens und zwar in zwei Richtungen – einerseits im Rahmen des „Normalen“, andererseits im Rahmen von Pathologien und Krankheitsbildern. Psychologen erforschen solche Bereiche des menschlichen Seins und der menschlichen Psyche wie Bewusstsein, Unterbewusstsein, Emotionen, Wahrnehmungen usw. Die Wissenschaft, die all das ermöglicht, heißt Psychologie und ist als Wissenschaft bereichsübergreifend: Sie umfasst Aspekte, Methoden und Ansätze aus den Naturwissenschaften, Sozialwissenschaften und Geisteswissenschaften. Man sollte jedoch zwischen der so genannten Alltagspsychologie und der akademischen Disziplin Psychologie unterscheiden. In der Tat ist die Alltagspsychologie nur wenig in der akademischen Psychologie vertreten.

Lange Zeit befand sich Psychologie zwischen vielen Wissenschaften und stellte somit keine eigenständige Disziplin und auch keinen selbständigen Ausbildungsgang dar. Mit Psychologie beschäftigten sich Philosophen, Mediziner, Pädagogen, die im Rahmen ihrer Wissenschaften mit psychologischen Fragen konfrontiert waren. Das Wissen, das auf diese Art und Weise gesammelt und organisiert wurde, hat dazu geführt, dass der Lehrstuhl für Philosophie an der Universität in Leipzig zum ersten Lehrstuhl für Psychologie in Deutschland umgewandelt wurde. Das Jahr war 1875. Die Ausbildung in dieser ersten Periode des Psychologiestudiums in Deutschland war eher chaotisch organisiert und beruhte vor allem auf Forschung und Lehre. Das Studium war nicht von Studien- und Prüfungsordnungen definiert. Man befasste sich im Rahmen des Studiums vor allem praktisch mit psychologischen Fragen unter fast kompletter Abwesenheit formaler Ausbildungsbestimmungen.

Anfang der deutsche Psychologie als eigenständige Disziplin

Die Normierung der deutschen akademischen Psychologie begann unter den Nationalsozialisten. Im Jahr 1943 wurde die erste Diplom-Prüfungsordnung im Rahmen des Psychologiestudiums implementiert, was zu einer wesentlichen Regelung der Ausbildung führte. In dieser Zeit wurde das heute noch wirkende Schema eingeführt, bei dem das Studium grundlegend aus zwei Phasen besteht – einer eher theoretischen und einer eher praktischen.

Die Nachkriegszeit war die Zeit vieler Ausbesserungen und Anpassungen – vor allem was den ideologischen Inhalt des Psychologiestudiums angeht. In dieser Zeit kristallisierte zum großen Teil der Fächerkanon heraus: Es setzten sich einerseits Fächer durch, die an jeder Universität zum Kanon wurden, dies war aber andererseits auch die Zeit, in der sich spezifische Profile der Universitäten andeuteten und bestimmte Fächer somit nur an bestimmten Universitäten angeboten wurden.

Im Laufe der Zeit folgten weitere Reformen - eine der Wichtigsten davon ging die Spezialisierung an. Im Rahmen des Hauptstudiums kann man seitdem – nur beschränkt natürlich – bestimmte Fächer wählen, in denen man spezialisieren möchte, was eine relativ große Individualisierung des Studiums erlaubt. In den unternommenen Reformen aus dieser Zeit ist darüber hinaus die Idee für ein praxisrelevantes Studium niedergeschlagen.

Das moderne Psychologiestudium an deutschen Unis

Heute spiegelt der Aufbau des Psychologiestudiums in Deutschland die oben genannten Entwicklungen wider. Die ersten Semester des Studiums (egal ob Vordiplom oder Bachelor) richten sich vor allem auf die Theorie und liefern die notwendigen Grundlagen für die spätere, stärker praxisorientierte Phase. Dieser ersten Phase des Studiums liegt ein Fächerkanon zu Grunde, der selten Unterschiede in der Studienordnung an den unterschiedlichen Unis zulässt. Im Fach Allgemeinen Psychologie zum Beispiel untersuchen die Studenten Fragen wie das menschliche Gehirn funktioniert oder wie man Probleme löst. In der Entwicklungspsychologie wird die menschliche Entwicklung unter psychologischem Aspekt von der Geburt bis ins hohe Alter behandelt. Die Sozialpsychologie dagegen untersucht die Psychologie verschiedener Sozialgruppen. Biologisches Wissen wird den Studenten auf keinen Fall erspart: Sie müssen während des Studiums Wissen darüber erwerben, wie der menschliche Körper und seine Organe funktionieren, welche Rolle Hormone spielen, wovon sie sich beeinflussen lassen usw. All dieses theoretische Wissen wird vor allem in Vorlesungen vermittelt. Mehr praxisorientiertes Wissen dagegen bleibt eher für Seminare und Übungen erhalten. Dazu zählen Fächer wie Statistik und Diagnostik, die den Studenten unabdingbare Kenntnisse für ihr künftiges Berufsleben zur Verfügung stellen. Stark praxisorientiert sind auch empirische Praktika, bei denen die Studenten selbst Studien durchführen, Beobachtungen machen und wissenschaftliche Schlussfolgerungen daraus ziehen. Dies passiert erst in den höheren Semestern, wenn das Studium von einem stärkeren Bezug zur Praxis geprägt ist. Andere Anwendungsfächer in dieser Phase des Studiums, die stark praxisorientiert sind, sind Klinische Psychologie, Psychotherapie, Pädagogische Psychologie usw.

Je mehr das Studium fortschreitet, desto praxisorientierter wird es. Ein unumgänglicher Teil des Studiums ist ein mehrwöchiges Praktikum, das an verschiedenen Institutionen absolviert werden kann – in einer psychosomatischen Klinik, in der Personalabteilung eines Unternehmens oder auch an der Uni, wo man die Möglichkeit hat, bei einem Forschungsprojekt mitzuwirken. Nach dem Studium machen viele Psychologen eine Zusatzausbildung zum psychologischen Psychotherapeuten, die sowohl in Vollzeit- (drei Jahre) als auch in Teilzeitform (fünf Jahre) abzuschließen ist. Psychologische Psychotherapeuten haben neben Fachärzten die Zulassung, eine Praxis aufzumachen, die mit den Krankenkassen abrechnen kann. Voraussetzung für die Zulassung zu einer solchen Ausbildung ist ein abgeschlossener Master in Psychologie, der u.a. das Fach Klinische Psychologie einschließt.

Immer mehr Unis erkennen die Notwendigkeit, mehr Wert auf Praxis zu legen und mehr Studienzeit dafür vorzusehen. Viele Unis haben aus diesem Grund den Psychologie-Bachelor verlängert, dem danach normal ein Master angeschlossen wird. Auch inhaltlich sind heute viele Unis auf bestimmte Schwerpunkte spezialisiert, wobei dies meist im Rahmen des Masters passiert. Einige Unis sind mehr auf Neurowissenschaften spezialisiert (Bochum, Magdeburg, Konstanz). Andere haben Kinder- und Jugendpsychologie als ihren Schwerpunkt gewählt und bieten spezielle Masterprogramme dazu (Bochum, Bielefeld, Marburg). Aus diesem Grund ist eine ausführliche Recherche vor Studienbeginn eine erforderliche Voraussetzung für diejenigen, die schon fachlich orientiert sind und ein schon definiertes fachliches Interesse für ihr späteres Berufsleben als Psychologen haben.

Ausführliche Informationen zu Berufsmöglichkeiten und Bildungszugängen findet man auf der Website des Bundesverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen.